Erweiterung Rathaus, Stühlingen

Die Erweiterung des alten Rathauses von Stühlingen folgt der Prämisse des „Weiterbauens" an der historischen Stadt. Ein nahezu gleich großer, ähnlich proportionierter Stadtbaustein ergänzt den beeindruckenden Altbau und schließt die Straßenflucht. Ihm wird nach Süden ein kleinerer, ebenfalls traufständiger Bau vorgelagert, der die repräsentativen Bereiche wie Eingang, Bürgerbüro, Trauzimmer und Gemeindesaal aufnimmt. Steildächer und vertraute Gliederungselemente wie Erker und Gauben geben dem Ensemble ein maßstäbliches Gepräge und fügen es damit in die historische Bebauung Stühlingens ein. Durch die Staffelung der Giebel von Alt- und Neubau wird das große Bauvolumen angenehm gegliedert und in seiner Funktion ablesbar. Alt- und Neubau werden durch eine gläserne Brücke miteinander verbunden, die einen neu geschaffenen Durchgang, das „Gässle" - überspannt.

Die innere Organisation folgt der städtebaulichen Logik: während das Erdgeschoss im Bestandsbau separat erschlossen und für Ausstellungen und Veranstaltungen nutzbar gemacht wird, erfolgt die Haupterschließung sämtlicher Verwaltungsbereiche über das Foyer mit Bürgerbüro im Neubau. Ein interner Split-Level sorgt für eine wirtschaftliche Ausnutzung unterschiedlicher Geschosshöhen und erlaubt den niveaugleichen Anschluss des Altbaus auf den Etagen, ohne das Foyer zu beeinträchtigen. Die Besprechungsbereiche werden auf Höhe des Sitzungssaals gebündelt, um bei größeren Veranstaltungen als zweites Foyer dienen zu können und im Rathausbetrieb für alle Ämter zugänglich zu sein. Dem im Erdgeschoss situierten Trauzimmer ist ein „Trauhof" genannter, intimer Außenraum mit entsprechender Begrünung zugeordnet, der den Einblicken Außenstehender verwehrt ist. Hier findet sich auch ein außenliegendes Fluchttreppenhaus, das zusammen mit dem Treppenhaus im Altbau den zweiten Rettungsweg sichert. Dadurch kann das neue Haupttreppenhaus offen durch alle Etagen ausgebildet werden.

Materialien und Farbigkeit der Fassaden in hellen Putztönen und Sichtbeton zeigen eine reduzierte, ruhige Ästhetik. Durch die plastische Ausbildung des Erker-Themas entsteht eine enge Verzahnung von Innen- und Außenraum einerseits wird der Blick aus dem Saal auf den Ratsplatz gelenkt, andererseits kann man aus den Besprechungsräumen an der Straßenseite in Richtung des sich öffnenden Tals schauen.

Das Konzept für die Gestaltung der Außenanlagen setzt auf Reduktion und Einheitlichkeit. Gleichmäßige Pflasterflächen fassen die teils zerklüfteten Straßenräume zusammen und bilden eine optische Klammer zwischen den einzelnen Gebäuden. Die bestehenden Brunnen werden ganz selbstverständlich eingebunden, sparsame Baumsetzungen betonen und rhythmisieren den Straßenverlauf. Die Bushaltestelle mit Hochbord wird einer torähnlichen Situation gleich als Auftakt zur Altstadt aufgefasst, Stellplätze sind zurückhaltend in die Pflasterflächen integriert.

Das Ensemble aus Altem Rathaus und Erweiterung bildet einen modernen Mittelpunkt des Gemeinwesens, der sich dem Bürger offen präsentiert, darüber hinaus den Bestandsbau funktional aufwertet und zugleich in die neue Struktur integriert. In seiner Gestaltung übersetzt der moderne Anbau die Identität des Ortes und die charakteristischen, historischen Elemente der Architektur von Stühlingen in eine zeitgemäße, angenehm zurückhaltende Formensprache.

Art

Realisierungswettbewerb, 2021

Ort

Stühlingen

Auslober

Stadt Stühlingen

Bearbeiter

H. Baurmann | M. Dürr | C. Süßmann

Fachberater

SETUP Landschaftsarchitektur

Modellbau

V. Söllner

Publikationen

competitionline 05.11.2021