Kundenzentrum Sparkasse, Achern

Städtebau

Das Rathaus dominiert den gesamten Platzraum bestehend aus Rathausplatz und Marktplatz und müsste eigentlich wegen seiner zentralen Lage ein offenes von allen Seiten zugängiges Erdgeschoss haben. Unglücklicher Weise richtet sich aber der Hauptzugang des quadratischen Baukörpers nach Norden zur Hauptstraße und hinterlässt für den öffentlichen Raum drei vor allem geschlossene und damit unattraktive Seiten. Das Gebäude der Sparkasse bildet den südwestlichen Abschluss des Rathaus- bzw. Marktplatzes. Mit seiner winkelförmigen Ausbildung wird an dieser Stelle ein Platz im Platz geschaffen. Da in der inneren Ecke des Winkels kein Zu- oder Durchgang liegt, entsteht eine Art gefangener städtischer Raum hinter dem Rathaus. Hier endet eine wichtige stadträumliche Fußwegeverbindung wie in einer Sackgasse. Sie führt vom Parkplatz der „Achern Passage" über die Ratskellerstraße direkt zum Marktplatz, der bisher eher der „hinteren Rathausplatz" ist. Um diese missliche städtebauliche Situation zu lösen, müsste sich zum einen, wie schon beschrieben, das Erdgeschoss des Rathauses nach allen Seiten offener präsentieren, und zum anderen der gefangene Platzraum aufgelöst werden. Nach dieser städtebaulichen Analyse richtet sich unser Entwurf aus. Dabei spielt die Platzierung der Kundenhalle der Sparkasse und des Cafés mit ihren Zugängen die entscheidende Rolle. In dem wir den SB-Bereich der Sparkasse als Durchgang entwerfen und damit einen Zugang in die innere Ecke des Platzraumes verlegen, schaffen wir eine wichtige Verbindung im städtischen Wegenetz. Der SB-Bereich wir zum öffentlichen Raum und führt die Fußgänger direkt zur Kundenhalle. Stadträumlich wird der gefangenen Platzraum mit diesem Durchgang „befreit". Betrachtet man den Durchgang von der Wilhelm-Schechter-Straße wird er zusammen mit der eingeführten Arkade zum Haupteingang des Kundenzentrum. Durch die Verlegung des Hauteingangs vom Platz in den Straßenraum entfällt auch das Gefühl, der Zugang liege hinter dem Rathaus in zweiter Reihe. An dieser für den öffentlichen Stadtraum wichtigen Stelle, der Gebäudeecke gegenüber der westlichen Rückseite des Rathauses, haben wir das Café gelegt. Es belebt jetzt mit seiner Außenbestuhlung den bisher unattraktiven Ort. In der Kapellenstraße liegt mit einem großzügigen Foyer der Zugang zu den oberen Geschossen des Sparkassengebäudes. Auch hier akzentuiert eine Arkade den Eingang. Die Kundenhalle verbindet beiden Erschließungen und ist damit nach allen Seiten im Stadtraum bestens angebunden.

Gebäude

Betritt man die Kundenhalle über den SB-Bereich führt gegenüber der Servicepoints eine breite einläufige Treppe als einladende Geste direkt in das Kundenzentrum. Wir haben bewusst nur die geforderten zwei Beratungsräume im EG platziert, um soviel „öffentlichen Raum" wie möglich in der Kundenhalle zu schaffen. Die Halle kann sich so zusammen mit der Nachbarschaftsfläche über die Fassaden besser zum Stadtraum präsentieren. Das Erdgeschoss wird dadurch von Büroräumen freigehalten, die sich zum öffentlichen Raum eher abschotten, und die Arbeits- und Beratungsplätze wandern ins 1. Obergeschoss. Nur der Hauptzugang und die Kundenhalle der Sparkasse mit ihren öffentlichen Funktionen verbleiben im Erdgeschoss. Somit werden zum einen gut vermietbare Ladenflächen im Erdgeschoss für die Sparkasse generiert, zum anderen zusätzliche Geschäfts- und Gastronomieflächen für den öffentlichen Raum geschaffen. In der Fläche des Mietbereichs 2 könnte so später auch eine Ladenfläche entstehen. Die Erschließungskerne, die durch das zu erhaltene Untergeschoss vorgegebene waren, wurden übernommen. Dabei haben wir den schon angelegten Gebäudetypus eines Dreibundes mit der innenliegenden Erschließung klarer ausgearbeitet und die Rücksprünge im Baukörper gefüllt. Die bisher frei im Grundriss platzierten WC-Anlagen sind den zwei Erschließungskernen zugeordnet. So ließen sich bei Bedarf pro Geschoss bis zu 4 Einheiten verschiedenster Größe erschließen oder auch nur eine große zusammenhängende Fläche, die sich nach Belieben einteilen lässt mit den entsprechenden Fluchtweglängen. Die Struktur ist äußerst flexibel. Von Zellenbüros über Kombibüros bis zur offenen Arbeitslandschaft kann alles angelegt werden. Das Bürorastermaß von 1,50 m unterstützt diese Flexibilität und ist ideal für einen Beraterarbeitsplatz, der aus zwei Achsen besteht und damit im Lichten 2,90m misst. Das Gebäude soll in Holzhybridbauweise konstruiert werden, Stützen und Deckenelemente vorfabriziert. Dabei bestehen die wesentlichen tragenden Teile aus Holz, die entsprechend der baurechtlichen Vorschriften hochfeuerhemmend ausgebildet werden. Die Spannweiten der Decken liegen bei für Holz wirtschaftlichen 7 m. Aufgrund der Schwingungen, des Schallschutzes und zur thermischen Nutzung der Gebäudemasse sind vorfabrizierte Holz-Beton-Verbunddecken vorgesehen, wobei auch eine reine Holzkonstruktion mit einem Druckbereich aus einer Brettsperrholzdecke angedacht werden könnte. Die Erschließungskerne werden zur Aussteifung aus Stahlbeton erstellt. Die bei deren Überbauung nachzuweisende Retentionsfläche, liegt in einem Hohlraum unter der überbauten Fläche, wohin das Wasser bei einem Hochwasserereignis (HQ 100) gezielt abgeleitet werden kann. Die Fassade soll die nachhaltige Holzkonstruktion außen sichtbar machen und damit auch das nachhaltige Wirtschaften der Sparkasse als Selbstverständnis transportieren. Die Farbe rot gilt dabei als wichtiges Markenzeichen der Sparkasse neben dem Schriftzug und dem Logo. Deshalb wählen wir neben Holz-Alu-Fensterelementen eine rot lasierte Holzschalung als Außenfassade. Dabei ist von entscheidender Bedeutung, dass ein konstruktiver Holzschutz vorhanden ist. Um die Fassade dauerhaft vor den Witterungseinflüssen zu schützen, sehen wir tiefe Aluzargen vor, die zudem den außenliegenden auch in Rot gehaltenen textilen Sonnenschutz aufnehmen und im Brandfall als Brandriegel dienen. Die rote Holzschalung ist nur im Sturzbereich vorgesehen, dass kein Spritzwasser auf das Holz einwirken kann und sich unschöne Verfärbungen bilden könnten. Somit ist trotz der Verwendung von Holz in der Außenfassade eine dauerhafte Ansehnlichkeit gewährleistet. Für die Wärme– und Kälteerzeugung und zur Stromversorgung könnte ein BHKW zum Einsatz kommen unterstützt durch Photovoltaikmodule auf dem Dach. Die Warmwasseraufbereitung in den WC-Einheiten erfolgt dezentral mit Durchlauferhitzer. Eine mechanische Lüftung mit Wärmerückgewinnung und Heiz- Kühldecken sorgen in allen Jahreszeiten für ein angenehmes Raumklima. Zur Installationsführung von Elektroleitungen wird das Deckensystem oben mit ein Hohlraumboden ergänzt. Die Lüftungsleitungen, Heiz- und Kühlleitungen werden in der Konstruktionsebene geführt, die Heiz-und Kühldeckenelemente mit Akustikwirkung dazwischen gehängt.

Art

Realisierungswettbewerb, 2022

Ort

Achern

Auslober

Sparkasse Offenburg/Ortenau

Bearbeiter

H. Baurmann | M. Dürr | D. Lahr | C. Süßmann

Visualisierung

loomn architekturkommunikation

Platzierung

2. Preis

Publikationen

Badische Neueste Nachrichten 25.03.22