Die bescheidene, in den fünfziger Jahren erbaute evangelische Kirche in Mingolsheim war den heutigen Anforderungen nicht mehr gewachsen, weder in gestalterischer noch in funktionaler oder räumlicher Hinsicht.
Aus finanziellen Gründen wurde die von der Gemeinde gewünschte Erweiterung des Kirchenraums verworfen; stattdessen zeigten wir auf, dass es wesentlich günstiger sei, Kirche und Foyer so miteinander zu verbinden, dass das Foyer, das ohnehin neu zu errichten war, der Erweiterung des Kirchenraumes dient.
Auch der alte Gemeindesaal war zu klein geworden. Anstelle einer Erweiterung entschieden wir uns für einen kompletten Neubau aus Holz, aufgelegt auf das alte Kellergeschoss, das nun einen Gruppenraum und die Technik aufnimmt. Diese Holzkonstruktion dockt an das vergrößerte, ebenfalls aus Holz errichtete Foyer an, sodass ein ablesbares Ensemble aus Kirche, Turm, Foyer und Saal entsteht. Jeder Baukörper transportiert eine eigene Materialität und erhält dadurch seinen eigenen Charakter, was seine Stellung im Ensemble noch steigert.
Betritt der Besucher heute die Kirche, empfängt ihn ein dem Straßenverkehr enthobener Vorplatz. Durch eine dreiteilige Tür gelangt er in das Foyer, einen flachen, breit gelagerten und mit schwarzen Faserzementplatten verkleideten Bau, der neben der Erweiterung des Kirchsaals und seiner Verteilerfunktion eigene räumliche Qualitäten aufweist, die es ermöglichen, ihn als separaten Andachtsraum zu verwenden. Der eigentliche Gemeindesaal ist als Holzbox konzipiert mit zwei geschlossenen und zwei offenen Seiten, die auf den Ort und den Gemeindegarten verweisen. Gehüllt in kräftig rote Tafeln, symbolisiert er das pulsierende Zentrum des Gemeindelebens. Alle wichtigen Funktionsräume sind so angelagert, dass der Saal multifunktional verwendbar ist, ohne räumliche Einbussen zu erleiden. Die tragende Holzdecke aus Lignatur-Kastenelementen prägt den Raumeindruck nachhaltig.
Betritt man dann vom Foyer aus über die grosse, eichene Schiebetüranlage die eigentliche Kirche, wird die Andersartigkeit des Raumes erlebbar. Hier dominiert nicht der Werkstoff Holz; klare, ruhige Putzflächen spannen einen Raum auf, dessen Gestimmtheit auf eine ungekannte Grösse verweist; der umlaufende Sockel aus Jurakalk bindet die einzelnen Bereiche wie Empore, Schiff und Chor eng zusammen; kein Detail unterbricht den Raumfluss hin zum Altar, der zusammen mit Kanzel und Taufbecken ebenfalls neu entworfen wurde. Durch die Lichtführung und die Oberflächenmaterialien wurde, ohne die Hülle anzutasten, ein völlig veränderter Innenraum geschaffen, der sich als ein dem Alltag enthobener Ort versteht. Auch wenn aus Kostengründen die alten Bänke weiterverwendet wurden, wird deutlich, dass ein so fragiler Raum eine lose Bestuhlung benötigt, um seine Qualitäten ganz ausspielen zu können.
Der einem Campanile ähnliche Turm erhielt einen neuen Helm aus Stahlprofilen, die als räumliches Fachwerk ein stilisiertes Kreuz ergeben. Er komplettiert das Ensemble aus vier Baukörpern, die erst in ihrer Gesamtheit ein Ganzes ergeben – ein Hinweis auf die Bedeutung des Wortes „Gemeinde“. Keinen der Baukörper könnte man weglassen, ohne das Gleichgewicht zu zerstören; jeder bringt genügend Individualität mit sich, um eine eigene Wirkung zu entfalten; aber erst gemeinsam werden sie zum Zentrum gemeindlichen Lebens.