Sozialdiakonisches Zentrum Durlach-Aue, Karlsruhe

Das Wettbewerbsgebiet liegt in einem Baugebiet aus den 60er Jahren,
das geprägt ist durch die damals übliche Zeilenbebauung. Die Bauten richten sich nicht nach der Straße, sondern nach der Sonne aus.
So entsteht kein gefasster Stadt- bzw. Straßenraum. Vielmehr stehen die Bauten losgelöst von der Erschließung frei im durchgrünten Stadtraum. An strategisch wichtigen Stellen sind Punkthäuser platziert.
Um das neue Zentrum in die bestehende Baustruktur zu integrieren nehmen wir städtebaulich die zwei Hauptrichtungen der Zeilen mit unserer neuen Bebauung auf. Dabei verbinden wir sie mit niedrigeren Zwischenbauten. So entsteht ein gefasster Platzraum, der ganz selbstverständlich eine Mitte als Zentrum formuliert. Durch die Höhenstaffelung der einzelnen Gebäudeteile und der Ausbildung zweier Hochpunkte wird in Verbindung mit dem direkt angrenzenden Punkthochhaus ein Ensemble aus Hochpunkten geschaffen, das auch aus der Ferne wahrgenommen wird und die Besonderheit des Zentrums im Stadtgefüge markiert, ganz im Sinne des ursprünglichen Städtebaus. Der gefasste Platzraum ist dagegen neu in der Struktur, vermittelt aber die erforderliche städtische Atmosphäre für ein Zentrum.
Eine wichtige Rolle spielen die klar definierten Außenanlagen in ihrer Differenzierung von öffentlich, halböffentlich und privat. Die Atmosphäre des Zentrums hängt hauptsächlich von der Qualität des Außenraums, seiner Nutzungsangebote und deren tatsächlichen Nutzbarkeit ab. Hier werden Nähe oder Distanz, soziales Miteinander oder Anonymität, Lebendigkeit oder Ruhe angelegt.

Im Zentrum steht der öffentlicher Platzraum mit einen Baumfeld in dessen Mitte. Die Bäume stehen auf einer Wiese, die sich wie ein Teppich über dem Platzbelag ausrollt. Im Sommer werden die Tische des Cafés und Liegestühle unter das Baumdach gestellt. Das Baumdach spendet Schatten und sorgt für ein angenehmes Klima und eine entspannte Atmosphäre. Der Platzbelag wird bis an die Häuser herangeführt. Zum Platz orientieren sich vor allem die Zugänge der öffentlichen Einrichtungen wie Kita, Pflegeheim mit Café, Diakonie, Pfarrgemeinde und Mieterservice. Die Zugänge zu den Wohnungen, die frühestens im 1.Obergeschoss beginnen liegen am Rande des Platzes oder ganz außerhalb. Die privaten schutzbedürftigen Räume wie der Außenspielbereich der Kita oder der Demenzgarten des Pflegeheimes liegen klar getrennt vom öffentlichen Raum auf der anderen Seite der Bebauung. Die privaten Außenräume der Wohnungen finden ihren Platz ausschließlich in Balkonen und Loggien.
Das Äußere der beiden Gebäude ist klar gegliedert. Die mit einer Holzfassade verkleideten Obergeschosse sitzen auf einem schweren Sockel aus Dämmbeton, der durch seine Offenporigkeit eher wie ein Naturstein wirkt. Er säumt sozusagen den öffentlichen Platzraum. Die Geschosse darüber werden mit durchgehenden horizontalen Bändern aus demselben Material wie der Sockel voneinander getrennt. Es wechseln bodentiefe französische Fenster mit Fenster auf bzw. hinter Balkonbrüstungen. Das sorgt für eine gewisse Heterogenität im Erscheinungsbild. Der verschiedenfarbige textile Sonnenschutz unterstützt den differenzierten Eindruck. Die Fassaden und deren Materialität sind neben den Außenräumen sehr wichtig für die Atmosphäre im Quartier. Die horizontale Gliederung der Gebäudefassaden durch die abgesetzten hellen Bänder ist wichtig für die Maßstabswahrnehmung. Die scheinbar freie Anordnung der Balkone schafft Vielfalt und zusammen mit der Materialität eine identitätsstiftende Atmosphäre.
Das Pflegeheim besteht aus 4 unabhängigen Wohngruppen mit jeweils 15 Bewohnern. Sie liegen alle an einem zentralen Treppenhaus, wie in einem richtigen Wohnhaus, jeweils zwei pro Geschoss über zwei Etagen verteil. In jedem Geschoss kommt man beim Betreten der Wohngruppen an der „Concierge", dem Pflegestützpunkt vorbei. Die Eingänge der Zimmer haben einen kleinen Vorbereich. Hier wird nochmals subtil der halböffentliche vom privaten Bereich getrennt. Der Gemeinschaftsraum liegt im Zentrum der Wohngruppe. Eine Loggia erweitert den Raum nach außen.
Die Einbindung der Heimbewohner in das Quartier findet vor allem über das Erdgeschoss statt. Nach dem Zimmer, der Wohnung, der Etage bildet das Erdgeschoss mit seinen Innen- und Außenräumen eine verkleinerte „überschaubare Stadt" mit spirituellem Angebot (Andachtsraum), Konsum (Friseur), Diskussion (Café), Erholen (Hofgarten) und Flanieren (Platz und Schlenderwege). Die Vielfalt der Freibereiche ergänzt das Angebot im Inneren der heimeigenen überschaubaren Stadt. Der vorgelagerte Platzraum bietet die Möglichkeit, Angehörige im Freien zu empfangen oder einfach bei einem Café dem öffentlichen Treiben zuzuschauen.
Auch die Kita wird über den Platz erschlossen. Für das sichere Ankommen und Abholen der Kinder ist der verkehrsfreie Bereich ideal. Alle Nutzungen der Kita sind im Erdgeschoss untergebracht. Das Foyer teilt den Grundriss in zwei Bereiche. Auf der linken Seite reihen sich die Gruppenräume aneinander. Sie werden über einen breiten Spielflur erschlossen. Die Aufweitungen des Flurs vor den Zugängen der Gruppenräume dienen zum einen als deren Garderobenbereiche, gliedern aber gleichzeitig geschickt die Raumfolge. Kleine Spielnischen öffnen den Flur zusätzlich zum Platz und sorgen für natürliche Belichtung. Dem Foyer direkt gegenüber liegt der Mehrzweckraum. Die beiden Flächen können gut zusammengeschaltet werden. Rechts neben dem Eingang liegen die Küche, der Essraum und der Personalbereich.
Der Außenspielbereich erstreckt sich über die komplette Länge des Kindergartens.
Die Wohnungen sind mit einer zentraler Erschließung organisiert. In der Regel werden vier Wohnungen pro Geschoss über einen lichten Hof mit Treppe und Aufzug erschlossen. Der Gebäudegrundriss erscheint als Abfolge konzentrischer Rechtecke. Im inneren Rechteck des Hauses befindet sich die Eingangshalle als Zentrum. Darum legt sich die Erschließungs- und Installationszone mit Fluren und Duschbädern. Darauf folgt eine großzügige Raumzone mit Zimmern, Bädern, Küchen und Wohnräumen. Die äußere Raumzone ist flexibel einteilbar, da nur die Wände der Erschließungs- und Installationszone und der Außenfassade tragend ausgebildet und daher unveränderlich sind. Aufgrund dieser Konstruktion ist ein flexibler Wohnungsmix möglich. Fast jede Wohnung ist nach zwei Himmelsrichtungen orientiert, um die Wohnung gut zu belichten und den Ausblick nach zwei Seiten zu bieten. Zudem ist eine gute Querlüftung gewährleistet.
Die kompakten Baukörper und das günstige A-V-Verhältnis sind die beste Voraussetzung, um einen guten KFW-Standard kostengünstig umzusetzen.

Art

Beschränkter Wettbewerb, 2020

Ort

Karlsruhe-Durlach

Auslober

Volkswohnung Karlsruhe

Bearbeiter

M.Dürr | H. Baurmann | D.Letter | T. Quynh

Fachberater

SETUP Landschaftsarchitektur

Visualisierung

Stuchlik 3D

Modellbau

W. Eichenlaub

Platzierung

Engere Wahl

Publikationen

competitionline 14.05.2021